Wild und gefährlich
Eine alte Postkarte aus jungen Jahren fällt mir zu. Mit dem Foto eines kleinen Kindes und dem Text »Du fragst, was soll ich tun? Und ich sage: Lebe wild und gefährlich«.
Sowas wäre in unseren Zeiten heute problematisch, zum Drucken und zum Verschenken. Dabei ist es doch so – das Leben ist wild und gefährlich, immer. Und keine Versicherung dieser Welt kann das ändern. Menschen, die in und mit der Natur leben, wie die Nomad*innen, sind sich der Fragilität des Lebens viel bewusster. Da ist ein reissender Fluss gefährlich und braucht Achtsamkeit und Mut. Und die Berge sind kein Disneyland mit Vollabsicherung. Und wir, heute, hier?
Die Karte habe ich wohl nicht umsonst vierzig Jahre aufgehoben. Irgendwie war sie immer eine Erinnerung daran und eine Aufforderung, das Leben zu kosten, in all seiner Gefährlichkeit und Wildheit und anzuerkennen, dass Missgeschicke und Gefahren und Tod ein Teil davon sind. Das Leben mit seinen Abenteuern und Gefahren, mit den wilden Zeiten und den sanften anerkennen und wirklich dabei sein, es einatmen, ganz tief, Leben riskieren, es nicht aussperren, nur um nicht zu sterben. Keine Angst vor dem Leben selbst haben.
In manchen Momenten kommt die Tödin sehr nah und fragt, »für was hast Du gelebt? Hast Du deinen Platz eingenommen? Warst Du ganz da, ganz Du?« Ich glaube, wenn ich da eine gute Antwort habe, dann kann ich gut gehen. Vielleicht sage ich dann am Schluß, dass ich intensiv gelebt habe, manchmal wild und gefährlich und, dass das ganz wichtig war.
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